Samsas traum

Im embryovernichtungslager

Samsas traum
Ist dies das Ende
Des Alptraums der mein Leben ist?
Lilith:
Die Saat, die in mir lebt,
Sich unter meinem Herzen hebt.
Die Armee der Verdammten:
Von der Decke hängen
Aufgereiht an Haken Embryonen
Ihre Rufe überdauern
Euer Leben, gar Äonen.

Schaffner:
Verehrte Reisende, bitte beachten Sie: wegen einer Zugüberholung
verzögert sich unsere Weiterfahrt um sieben Minuten.
Ich wiederhole: um sieben Minuten.

Maximilian:
Alle sind versammelt
Um den neuen Gott zu preisen,
Um das Kindlein aus dem Mutterleib
Mit Engelsklauen, Schicksalsatem, Feuerwind zu reißen.
Aleksandar:
Jede Brücke ist verbrannt
Und jede Umkehr ausgeschlossen,
Tausend Wege, eine Richtung:
Beide:
In das Licht das Euch verzehrt,
Die Freiheit nimmt und Gottes Willen lehrt!

Der Chor der toten Namen:
Trägst Du einen Traum nur,
Trägst Du jeden Traum zu Grabe.
All die Ängste, all die Bilder
Sind kein Fluch, sie sind die Gabe
Mit der Engel Dich beschenken,
Wenn sie Dich bei der Geburt berühren,
Mit der sie Dein Leben lenken,
Dich heimlich auf ihren Wegen führen.

Alistair:
Alle wollen nur die eine,
Alle wollen nur das Kind...
Gregorius:
Das über Recht und Unrecht
Und den Fortbestand der Welt bestimmt.
Alistair:
Das, wenn es erst herangewachsen
Und zu voller Kraft gelangt ist,
Sich mit seinem Schöpfer mißt...
Gregorius:
...und eine neue Flagge hißt.
Eva:
Hängt die Schlampe höher!
Hängt sie zu den andern
Mißgeburten deren Seelen
Dort unter der Decke wandern.
Hängt die Schlampe höher,
Schlitzt die Fotze vorher auf,
Und reißt ihr den verfluchten Balg
Mitsamt dem Uterus heraus!

Der Chor der toten Namen:
Trägt sie dieses eine,
Trägt sie jedes Kind zu Grabe:
Dann verleugnet sie die Herkunft,
Dann entsagt sie ihrer Gabe.
Selbst wenn sie kurz den Alptraum stillt,
Ob sie will oder nicht:
Sie entkommt niemals dem Morgengrauen
Und der Stimme Gottes, die in ihr spricht.

Erzähler:
Vorbei an all den Truggestalten,
Entlang kupferbrauner, alter
Wände gräbt sich ein Nachtfalter
Seine Flugbahn, nicht zu halten
Strebt er nach der Türe hin
Durch deren Spalt gleißendes Licht
Wie Blut aus offenen Wunden bricht
Und schwindet dann gänzlich darin.
Samuel und Lilith
Folgen eilig seinem Locken
Und bestaunen jenes Schauspiel,
Das für sie der langen Reise Ziel
Bedeutet: wie Silberschneeflocken
Gleiten aberabertausend Motten
Durch das Lichter der Halle
Wehmütig dahin.
Die unscheinbar gefärbten Flügel,
Aufbrausend und ungestüm,
Umfliegen sorglos, sogar kühn,
Erhaben über jedes Zweifels Zügel
Einen Sprengkörper,
Viel höher noch als jeder Turm:
Mit großen Augen sehen sie
Die Traumtötungsmaschinerie.

Lilith:
Sie sind uns auf den Fersen, dicht,
Ich hör' schon ihre Stimmen.
Samuel:
Uns bleibt nichts and'res übrig,
Als die Bombe zu erklimmen.
Ich weiß nicht, was passieren wird:
Hör' ich in mich hinein,
Scheint dies für einen von uns beiden
Jetzt der letzte Weg zu sein.
Lilith:
Du weißt viel über Menschen,
Doch Du weißt nichts über mich:
Sieh' unter Dich, begreife,
Daß der Zeitpunkt ab dem ich
Nicht mehr nur ich selbst war...
Samuel:
Weit früher liegt als ich glaube?
Was heißt...
Lilith:
Das heißt, daß ich uns beiden
Noch heute Nacht das Letzte raube.

Die Armee der Verdammten:
Husch, husch, kleines Mädchen,
Dreh' an der Uhren Rädchen
So schnell Du kannst die Zeit zurück,
Sonst bringt die letzte Nacht kein Glück.

Samuel:
Ist dies das Ende
Des Alptraums, der mein Leben ist?
Lilith:
Die Folgen sind mir jetzt egal,
Denn Fäden lassen eine Wahl:
Ich löse ihre Knoten auf
Und lasse Dich im Lichte stehen.
Manche Dinge kann man eben
Selbst mit Liebe nicht erkämpfen.
Folge nicht des Herzens Lauf
Und liebst Du mich, läßt Du mich gehen.
Samuel:
Ich traf Dich zweimal im Leben,
Nichts wird mehr den Aufprall dämpfen,
Denn am Ende bliebt uns nichts
Als tiefer Hölle Einsamkeit,
Die uns zerstört, uns auffrißt
Und mich bis in alle Ewigkeit
Daran erinnern würde, was
Ich diese Nacht verloren habe.
Ich vertraue meiner Herkunft,
Und ich glaube meiner Gabe:
Die Hoffnung stirbt zuletzt,
Vor ihr verendet meine Zukunft.
Mein Herz ist ein schwarzer Klumpen,
Meine Seele, sie ist wund,
So will ich, daß Du den Alptraum in mir
Ein für alle Male stillst:
Steck' sie mir in den Mund.
Lilith:
Wie Du willst.
Samuel:
Bitte...

Der Chor der toten Namen:
Trägst Du nur die Liebe,
Trägst Du alle Welt zu Grabe.
All die Hoffnung, all die Sehnsucht
Ist kein Fluch, sie ist die Gabe
Mit der Engel Dich beschenken
Wenn sie Dich bei der Geburt berühren,
Mit der sie Dein Leben lenken,
Vom Anfang an's Ende führ'n,
Und an des Endes Anfang
Schwebt fernab von Zeit und Raum
Zwischen Licht und Dunkelheit
Erneut ein allerletzter Traum.
Der die Zeit zum nächsten Ende wiegt,
Die Leere füllt, die Angst besiegt
Und aus verlor'ner Zauberkraft
Sich immer wieder selbst erschafft.

...

Encontrou algum erro na letra? Por favor envie uma correção clicando aqui!